Das Geburtstagskind zählt die Stunden, den Eltern läuft die Zeit davon. Es ist wieder einmal Kindergeburtstag. Eine Hochschaubahn der Gefühle für die Kleinen, ein Drahtseilakt für die Großen. Wie man die Nerven bewahrt und warum es danach dann doch wieder großartig war.
Was ist für Eltern schlimmer?“, haben wir unlängst gescherzt, ein Geburtstagsfest von Vierjährigen oder von Achtzehnjährigen? In beiden Fällen ist es laut und lustig, es werden Regeln gebrochen, mindestens einem wird schlecht, und wenigstens einer weint. Der große Unterschied ist, dass die Eltern bei den Großen mit vorübergehender Nichtexistenz glänzen können, und sich aus dem Staub machen dürfen. Bei den Kleinen ist es genau umgekehrt: Die Anwesenheit der Eltern ist dringend und durchgehend erwünscht, obwohl sie sich zwischendurch sehnlichst wegwünschen. Ein Kindergeburtstag erfordert gute Organisation bei gleichzeitiger Bereitschaft, die Pläne über den Haufen zu werfen.
Nichts wie raus
Alles, was im Freien stattfinden kann, entlastet die Nerven und das Verhältnis zu den Nachbarn. Eine Schatzsuche zum Beispiel begeistert Kinder in jedem Fall, die Vorbereitungen sind allerdings nicht ohne. Am Abend davor ist es definitiv zu spät. Hat man rechtzeitig eine Route ausgetüftelt, die Hinweise fabriziert und den Schatz verpackt, sollten keine Wetterdienste mehr konsultiert werden. Die sagen sowieso etwas anderes, als man braucht. Kinder können mit solchen Überraschungen gut umgehen, deren Eltern weniger. Man legt einfach einen großzügigen Vorrat an Ersatzkleidung an, die Gäste haben ohnehin fast dieselbe Kleidergröße. Man wird immer nur oberflächlich nass.
Bei Winterkindern kommt man schwer aus den eigenen vier Wänden heraus. Wer friert, hat keinen Spaß. Wer nebenan wohnt, auch nicht. Es wird laut, das ist unvermeidlich. Wichtig ist es, Ruheschneisen in den Lärm zu schlagen. Das gelingt entweder mit Spielen wie Stopptanz oder Donnerwetter-Blitz oder mit Essenspausen.
Fette Beute
Manche Kinder stresst es, daheim zu feiern. Wenn schon das Kinderzimmer verwüsten, dann nur durch den, der drin wohnt. Da sind Kinder eigen. Sie mögen es nicht, wenn Gäste Sachen achtlos herausreißen oder sich über den geliebten Teddy lustig machen. Also: Kostbarkeiten gut verstauen, einschließlich der Legobauten. Bälle müssen weggesperrt werden. Mit denen schießt sonst sicher wer den Vogel ab.
Flummis sind perfekt für die kleinen Geschenksackerln, ohne die eine Geburtstagsfeier keine Geburtstagsfeier ist. Man schenkt und wird beschenkt. Mit dem Sackerl erklingt sozusagen der Schlussgong, es ist ein kleines Ritual. Der Abschied fällt leichter, wenn man den Mund voller Gummibären hat, während man die Gimmicks noch im Stiegenhaus ausprobiert. Die Gastgeber sind dann schon erschöpft, aber froh aufs Sofa gesunken. Ein Jahr Pause bis zur nächsten Party. Das Leben ist doch ein Kindergeburtstag.
- von Frederike Leibl-Bürger -